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Bunker- und Bücherstadt Wünsdorf im Oktober 2021 – ein echter Lost Place

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Das kann man zu Recht von dieser Stätte behaupten. Wie es bereits bei unserem Besuch auf Schloss Diedersdorf der Fall war, wurde ich auf diesen geheimnisvollen Ort durch ein Schild am Rande des südlichen Berliner Rings A10 aufmerksam.

Also lag es auf der Hand, sich im Rahmen eines Wochenendaufenthaltes in meiner Betriebswohnung in Adlershof die Zeit zu nehmen und dorthin zu reisen.

Unter Hobbyfotografen sind Lost Places inzwischen weltweit zum Sport geworden. Vor allem Baukörper aus vergangenen Kriegszeiten stehen auf der Hitliste ganz weit oben. Es folgen ihnen alte Kliniken und skurrile Wohnbauten. Auch aufgegebene Gefängnisse sind heiß begehrt.

Aber was hat es mit der Bunkerstadt in der Nähe von Zossen auf sich? Drei Epochen hat diese Anlage überlebt oder erlebt. Bereits in der Kaiserzeit war das Gelände strengstens geheim und für keinen Außenstehenden zugänglich. So blieb es auch in der NS-Zeit. Hier saß das Oberkommando des Heeres (Wehrmacht = Heer + Luftstreitkräfte + Seestreitkräfte). Während des zweiten Weltkrieges liefen in Wünsdorf alle Kommunikationsverbindungen zu allen Frontabschnitten zusammen. Alle namenhaften deutschen Generäle, so auch Stauffenberg, hatten in der gewaltigen Bunkeranlage ihren Dienstsitz. Der Führer selbst war nie vor Ort. Ihm war die Generalität eher zuwider, als dass er ihr Beachtung schenken wollte.

In Wünsdorf muss vor und während der Weltkriegszeit mit einem ungeheuren Aufwand gebaut worden sein. Das bestätigt die Größe der Anlage und die Kürze der Bauzeit zwischen 1933 und 1941.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Bunkerstadt in die Hände der Sowjets. Die von den Alliierten vereinbarte Entnazifizierung verlangte von den neuen Besatzern, die Anlage zu sprengen. Ein unmöglich durchzuführendes Unterfangen. Zu mächtig waren die verbauten Betonmassen, ledig Einstürze gelangen. Allerdings entdeckten die neuen Hausherren schnell die Vorzüge unterirdischen Teile der Bunkerstadt. Dort ließ sich hervorragend konspirativ gegen den Westen arbeiten. Dies taten sie bis zum Ende des Ostblocks und ein kleines Stückchen darüber hinaus bis 1994. Von da an begann der schmerzhafte Rückzug der ehemaligen Siegermacht. Eine Tatsache, die sie dem Westen nie verzeihen werden, wie es die aktuelle Situation in der Ukraine eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Heute befindet sich die Bunkerstätte in Privathand, welche interessante Führungen anbietet. Dieses Angebot einmal wahrzunehmen, ist meine Empfehlung an meine Leser.

Viel Spaß beim Betrachten der Bilder, die ich mit einem Huawei P40 pro aufnahm,
Euer Mayk!

Bild 1- Der Übersichtsplan der weitläufigen Anlage. Pst! Es werden auch Sondertouren für Menschen ohne Klaustrophobie angeboten. Nichts für schwache Nerven, muss aber ein echtes Abenteuer sein.
Bild 2 – Mehr hat die Sprengkraft der Russen nicht zu Stande gebracht. Rechts unten im Bildrand der Tourguide und Miteigentümer der Bunkerstadt.
Bild 3 – Perfide Bauweise: Die freien Flächen zwischen den Betonbauteilen waren ausgemauert und somit die gewollte Schwachstelle des Gebäudes. Traf eine Bombe den Bunker, sprengte die Explosion das Mauerwerk heraus. Die Tragstruktur blieb erhalten. Die Wiederherrichtung des Bunkers war dadurch ein Leichtes.
Bild 4 – Meterdicker Beton – er wird uns alle überdauern.
Bild 5 – Ein Größenvergleich ist nicht einfach, aber dreißig Meter lang waren die Gebäude schon.
Bild 6 – Ein Eingang in einen später angelegten Luftschutzraum. Eigentlich eine rechteckig ausgehobene Baugrube, die mit Wellblech als verlorene Schalung überspannt und anschließend mit Erdreich überschüttet wurde. Mehr ist es nicht. Absurd, sich so gegen die Sprengkraft von Atombomben schützen zu wollen.
Bild 7 – Der Zutritt in die unterirdische Welt. Recht sehr gut wahrnehmbar: das Belüftungsbauwerk.
Bild 8 – Diese luft- und sprengsichere Türe sollte die Bunkerbewohner von der Außenwelt abtrennen. Ein grausamer Gedanke und völlig nutzlos. Wer will einen Atomkrieg überleben? Und: Je größer die Bomben, desto größer die Bunker. Das ging hin und her, bis man in den siebziger Jahren resigniert feststellte, dass es keine atombombensicheren Bunker geben kann. Nun stehen die Dinger weltweit als trauriges Mahnmal rum und sollen uns lehren, diese Zeit niemals zu wiederholen. Aber wir Menschen, die ja nicht klüger werden wollen, arbeiten gar wieder am Gegenteil. Siehe Ukrainekrieg!
Bild 9 – Die Hauptnutzung durch die sowjetischen Besatzer war die Telekommunikation. Relikte erinnern den Besucher daran.
Bild 10 - … wie auch dieses Bild zeigt.
Bild 11 – bis 18 Meter unter diesen Trümmern liegen die wasserdichten Katakomben.
Bild 12 – Das ist typisch für Russen. Hier handelt es sich um Schlafplätze für die Bunkerbewohner. Bis zu 500 Klappliegen wurde installiert! Es muss schon wichtig gewesen sein, nach einem Atomschlag ausgeruht eine verstrahlte Welt erblicken zu können.
Bild 13 – Überall meterdicker Beton – hier ein misslungener Sprengversuch.
Bild 14 – Einer der zahlreichen Kommandostände.
Bild 15 – Kommunikationsleitungen en gros. Sie verteilten sich seinerzeit über ganz Europa. Technisch gesehen ist das eine Meisterleistung.
Bild 16 – Manche dieser Gänge im 4. Untergeschoss sind über zweihundert Meter lang …
Bild 17 - … und schon sehr beängstigend.